Von Trelew aus stand für uns die nächste lange Etappe ohne Einkaufsmöglichkeit bis nach Comodoro Rivadavia an. Dementsprechend wollten wir wieder einmal so schnell es geht vorankommen. Direkt am ersten Tag, verpasste uns der starke Gegenwind jedoch einen heftigen Dämpfer. Hinzu kam, dass es noch bergauf ging und wir so teilweise schneller waren, wenn wir das Fahrrad geschoben haben. Da es am nächsten Tag jedoch besser werden sollte, entschieden wir uns bereits nach knapp über 30 Kilometern das Zelt aufzubauen.
Um die verlorene Zeit wieder reinzuholen, starteten wir dafür dann am nächsten Tag bereits um 4:20 Uhr. Die ersten knapp 2 Stunden ging es dann in der Dunkelheit und Kälte schon deutlich besser voran, als vorher. Gut (oder schlecht) ist zudem, dass man bei den Temperaturen gar nicht in Versuchung kommt, Pause zu machen, da man sonst sofort auskühlen würde. Aus diesem Grund kamen wir sehr gut voran und zum Glück hielt sich der Wind auch nach Sonnenaufgang halbwegs in Grenzen. Am Ende des Tages hatten wir dann mit 165 Kilometern den längsten Tag unserer bisherigen Reise hinter uns.
Der folgende Tag sah wieder ähnlich aus, nur dass wir diesmal nicht ganz so früh starteten. Trotzdem schafften wir es erneut deutlich über 100 Kilometer zu fahren und freuten uns somit, dass wir schon kurz vor Comodoro Rivadavia waren.
Am nächsten Morgen genossen wir dann unsere erste länger Abfahrt in die Küstenstadt. Dort wurden wir dann aber direkt wieder enttäuscht, da wir eine Umleitung fahren mussten, die uns wieder einen Berg hochführte, den wir uns sonst hätten sparen können. Auch danach wurde es nach dem Einkaufen nicht viel angenehmer. Immer wieder ging es unzählige kurze, aber steile Anstiege hoch und runter, sodass wir froh waren, als wir den Strand erreichten, den wir als Schlafplatz ausgesucht hatten. Zum Abschluss des Tages wurden wir dort dann sogar noch von einer netten argentinischen Familie zum Asodo eingeladen. Wir genossen es endlich einmal wieder hervorragendes Fleisch statt Polenta zu essen und sprangen zum Abschluss noch einmal kurz ins Meer.
Weiter ging es dann nach Caleta Olivia, wo wir nochmal ordentlich einkaufen mussten. Danach stand nämlich wieder ein langer Abschnitt bis Puerto San Julian an und die Wettervorhersage verhieß nichts Gutes. Die kommenden Tage sollte es immer stärkeren Gegenwind geben. Dementsprechend stockten wir unsere Vorräte ordentlich auf, um zur Not zumindest bis zur Tankstelle auf halber Strecke kommen zu können.
Flucht vor dem Wind
Glücklicherweise verliefen die folgenden drei Tage jedoch noch deutlich besser, als gedacht. Der Wind war doch nicht so stark, wie vorhergesagt und wir nutzten das gute Wetter, um ordentlich voran zu kommen. Wir kamen so also noch vor dem Wind bis kurz vor Puerto San Julian. Dort entschieden wir uns, noch einen kleinen Abstecher an die Küstenstraße zu machen. Wir übernachteten wieder am Strand und fuhren dann am nächsten Tag die Küstenstraße entlang in die Stadt rein. Unterwegs sahen wir nicht nur Seelöwen, sondern sogar einige Pinguine von Weitem. Leider war die Küstenstraße jedoch auch extrem hügelig und der Wind frischte auch so langsam auf. Dementsprechend fühlten sich die 30 Kilometer weiter an, als die langen Etappen die letzten Tage. Wir waren also froh, als wir in San Julian nach dem Einkaufen noch einmal leckere Empanadas genießen konnten. Danach fuhren wir wieder aus der Stadt raus und suchten uns einen halbwegs windgeschützten Platz. Unser Plan war es erst einmal in San Julian zu bleiben und den starken Wind der nächsten Tage abzuwarten.
Eine Nacht zum Vergessen
Die folgende Nacht war mit Sicherheit die schlimmste der bisherigen Reise. Bei Windböen von teilweise bis zu 90 km/h war an schlafen nicht mehr zu denken. Hinzu kam, dass das Zelt leider auch nicht perfekt abgespannt werden konnte, da die Heringe im lockeren, steinigen Untergrund nur bedingt hielten. Gegen 3 Uhr erreichte der Wind seinen Höhepunkt und wir waren froh, dass wir nicht mit samt dem Zelt wegflogen. Wir saßen im Zelt, hatten keine Minute geschlafen und hielten die Zeltwände von innen fest, damit der Wind nicht zu stark an den Stangen zerrte. Da der Wind jedoch langsam abflachen sollte, entschieden wir uns auf den Campingplatz in der Stadt zu fahren, denn hier konnten wir auf keinen Fall bleiben. Im Dunkeln packten wir alles zusammen und brachen auf. Die 7 Kilometer zurück in die Stadt dauerten eine Ewigkeit, doch als wir dort ankamen, war es plötzlich fast windstill.
Wir schauten uns den Sonnenaufgang an und wartet darauf, dass die Zeit verging. Charlotte entscheid sich, sich mit ihrem Schlafsack an den Strand zu legen und den Schlaf der letzten Nacht aufzuholen, während Yannik sich das Schiff von Magellan anschaute. Danach fuhren wir auf den Campingplatz. Dort hatten wir dann für einen Euro pro Tag nicht nur einen besser geschützten Zeltplatz, sondern auch eine heiße Dusche und einen Grillplatz.
Diesen Grillplatz nutzten wir dann auch direkt am Abend. Wir kauften noch schnell einige große Stücke Fleisch und grillten dann am Abend typisch argentinisch. Nach der anstrengenden Flucht vor dem Wind und der letzten Nacht, waren wir glücklich wieder einmal Pause machen zu können.
Aufgrund der Vorhersage verbrachten wir die folgenden zwei Tage noch auf dem Campingplatz. Leider war jedoch auch danach nicht viel Besserung in Sicht. Da wir aber weiter vorankommen wollten, entschieden wir uns dazu, am Dienstag weiterzufahren.
Wie erwartet ging es direkt mit ordentlich Gegenwind und dazu noch einem Anstieg los. Nichtsdestotrotz kamen wir etwas besser voran, als befürchtet und so steckten wir uns das Ziel, 50 Kilometer weit zu fahren. Eigentlich keine große Herausforderung, aber bei dem Wind, der ab ca. 10 Uhr seinen Höhepunkt erreichte, ist das mehr als genug. Die letzten 10 Kilometer zogen sich bei einer Durchschnitsgeschwindigkeit von 6 km/h wie Kaugummi und so waren wir froh, als wir kurz vor Sonnenuntergang einen Schlafplatz fanden.
Wir standen wieder früh auf, um den schwächeren Wind am Morgen zu nutzen. Es war zwar immer noch Gegenwind, allerdings kam man so zumindest schon mal mit 12 km/h voran. Da wir den Morgen so gut nutzten, entschlossen wir uns, bis nach Piedrabuena zu fahren. Das waren zwar insgesamt knapp 78 Kilometer, aber ab Kilometer 65 sollte es bergab gehen. Leider war der Wind ab Kilometer 55 jedoch wieder so stark, dass man mit voller Anstrengung gerade einmal 5 km/h schaffte. Das schlimmste ist, dass diese Geschwindigkeit mental so ermüdend ist, dass man spätestens nach 20 Minuten eine Pause braucht und somit noch weniger voran kommt. Im Endeffekt erreichten wir dann aber irgendwann die Abfahrt und freuten uns auf die Stadt. Wir kauften noch schnell für die kommenden Tage ein und fanden durch Zufall die besten Medialunas seit Buenos Aires.
Immer weiter trotz Gegenwind
Am Donnerstag, den 12. Oktober starteten wir dann mit dem erwarteten Wind in Richtung Rio Gallegos. Wir wollten wieder knapp 50 Kilometer schaffen, da immer noch keine Besserung beim Wind in Sicht war.Trotz des frühen Starts um kurz vor 6 Uhr, kamen wir jedoch nicht gut voran. Der Wind war einfach zu stark und dazu kam noch ein Anstieg. Ab dem späten Vormittag wurde der Wind wie schon an den vergangenen Tagen so stark, dass man fast gar nicht mehr voran kam. Wir fuhren trotzdem noch bis knapp 16 Uhr, um unser Tagesziel zu schaffen und fanden dann einen halbwegs windgeschützten Platz für unser Zelt.
Der folgende Tag verlief wieder ähnlich, nur dass wir uns diesmal etwas mehr von der Qual ersparten und bereits nach 43 Kilometern unser Zelt aufstellten. Dafür hatten wir aber dann auch einen wirklich guten Schlafplatz gefunden, an dem wir am Nachmittag sogar noch ein bisschen entspannen konnten.
Am Samstag ging es dann wieder früh los und glücklicherweise war der Wind auch etwas weniger. Unser Tagesziel erreichten wir somit wieder gegen Mittag und genossen dann noch den Nachmittag an einem kleinen See mit Flamingos und Enten, die den Lärm der direkt danebenliegenden Straße fast vergessen ließen.
Unverhofft nach Rio Gallegos
Für den Sonntag hatten wir uns dann vorgenommen bis ca. 30 Kilometer vor Rio Gallegos zu fahren. Von dort aus wollten wir dann am nächsten Tag in die Stadt fahren, einkaufen und Geld wechseln.Wir fuhren wieder früh los und erreichten die Abfahrt nach Güer Aike (unserem Tagesziel) bereits gegen Mittag. Da wir so gut in der Zeit waren und die restliche Strecke bis Rio Gallegos ordentlich Rückenwind versprach, fuhren wir dann doch noch weiter.Die Abfahrt fühlte sich jedoch erstmal noch nicht wie eine Abfahrt an. Der Gegenwind war so stark, dass man den Berg wieder hochgeschoben wurde, wenn man aufhörte zu treten.Am Ende der Abfahrt wurden wir dann jedoch mit der langersehnten Linkskurve in Richtung Osten belohnt. Ab da ging es dann fast ohne Aufwand mit 25-30 km/h in die Stadt.
Geld wechseln in Argentinien
Dort angekommen hielten wir erstmal an einer Tankstelle, um ins Internet zu kommen und den aktuellen Wechselkurs zu checken. Unser in Buenos Aires getauschtes Geld war nämlich aufgebraucht und wir brauchten Neues. Nach ein paar Minuten wurden wir von einem netten Mann gefragt, ob wir Warmshowers haben und einen Schlafplatz suchen. Da wir noch weiter in Richtung Grenze fahren wollten, verneinten wir beides, fragten jedoch, ob er jemanden kenne, der uns Dollar/Euro in Pesos wechseln kann. Er gab uns eine Nummer, die wir daraufhin anriefen. Der Mann am Telefon bot uns einen guten Wechselkurs, jedoch hatte er erst in 2 Stunden Zeit und wollte dann aber zu uns kommen. Da wir keine bessere Alternative hatten und zwei Stunden auch noch verkraftbar waren, stimmten wir zu. Wir warteten nun also an der Tankstelle, telefonierten mit unseren Eltern, spielten Skip-Bo und aßen eine Menge Erdnüsse. Nach 2 1/2 Stunden schrieben wir dem Geldwechsler, wo er denn bleibe und er antwortete, wir sollten ihm 20 Minuten geben. Wir warteten also weiter und hofften, dass er noch kommt. Falls nicht, hätten wir nämlich ein großes Problem. Es war bereits nach 16 Uhr, wir hatten kein Geld, mussten noch einkaufen und wieder aus der Stadt rausfahren.
Nach einer weiteren halben Stunden, schrieben wir ihm erneut und er meinte kurz darauf, dass er unterwegs sei. Nach insgesamt 3 Stunden warten, kam er dann endlich und wir bekamen von ihm für 75$ 71000 argentinische Pesos in 1000er Scheinen, die er mitten auf dem Tankstellenparkplatz abzählte.Danach ging es für uns schnell in den Supermarkt einkaufen und noch kurz zu einer Panaderia.
Die Kilometer aus der Stadt raus hatten wir dann jedoch leider wieder Gegenwind und obwohl es bereits spät war, hatte der Wind noch nicht wirklich nachgelassen. Wir hofften, dass wir an einer Polizeistation zelten durften und waren froh, als wir dort kurz vor Sonnenuntergang eintrafen und der freundliche Polizist uns einen Platz hinter der Polizeistation zeigte.
Ab nach Chile
Der nächste Morgen begann voller Vorfreude auf unseren ersten Grenzübergang. Es waren noch ungefähr 60 Kilometer bis zur Grenze und wieder alles mit Gegenwind. Dieser war aber zum Glück nicht mehr ganz so stark wie die Tage zuvor, sodass wir trotzdem halbwegs schnell vorankamen und gegen Mittag die Grenze erreichten. Wir hatten etwas Angst, da Chile ziemlich strenge Einfuhrbestimmungen für Lebensmittel hat und alles bei der Einreise deklariert werden muss. Glücklicherweise verlief aber alles entspannter als gedacht und die Grenzbeamtin, die unsere Taschen kontrollierte ließ uns ohne Probleme durch. Wir fuhren noch ca. 10 Kilometer weiter und waren froh, als wir das erste Refugio an der Straße erreichten. Diese Refugios gibt es in diesem Teil Chiles extra für Radfahrer, sodass diese eine windgeschütze Möglichkeit zum Übernachten haben. Entweder sind das umgebaute Bushaltestellen oder teilweise auch kleine Häuschen. Wir freuten uns, dass wir das Zelt nicht aufbauen mussten und waren froh über den warmen Platz ohne Wind. Zudem hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf die Magellanstraße und sahen schon unser morgiges Ziel Feuerland.
Wie es dort weiterging, erfahrt ihr dann aber im nächsten Beitrag.