Unser wahrscheinlich abenteuerlichster Grenzübergang begann am Sonntag, den 10.12. ziemlich verregnet. Wir starteten in El Chalten, von wo aus es ununterbrochen durch den Regen in Richtung Lago del Desierto ging. Wir wollten dort um den See herumlaufen, anschließend dann von der argentinischen Grenzstation weiter in Richtung Chile und von Candelario Mancilla dann mit dem Boot nach Villa O’Higgins.
Für den ersten Tag standen also knapp 35 Kilometer mit dem Fahrrad und anschließend noch einige Meter/Kilometer weiter zu Fuß um den Lago del Desierto auf dem Programm. Die Kombination aus Schotterstraße und Regen machte uns dabei schon zu schaffen, jedoch freuten wir uns auf das bevorstehende Abenteuer. Als wir am Lago del Desierto ankamen (das Ende der befahrbaren Straße) kam dann die erste Enttäuschung. Der Wanderweg war für Fahrräder gesperrt. Wir machten erstmal eine kleine Pause und beschlossen anschließend es trotzdem zu probieren, denn von anderen hatten wir gehört dass sie es mit den Fahrrädern gemacht haben. Direkt zu Beginn mussten wir dazu unsere gesamten Taschen abmontieren und das Fahrrad über eine viel zu schmale und instabile Brücke schieben. Anschließend ging es halbwegs flach los und wir dachten es wäre echt gut machbar. Doch nach circa 200 Metern begann der schwierige Teil. Wir mussten nach und nach fast alle Taschen abmontieren, um die Fahrräder zu zweit schieben beziehungsweise oft auch tragen zu können. Der Wanderweg war an vielen Stellen einfach zu schmal und steil, als das es anders gegangen wäre. Da wir jedes Mal mehrfach zurücklaufen mussten, um unsere Taschen mit dem Gepäck zu holen, mussten wir nach 500 Metern und knapp einer Stunde aufgeben. Wir hatten schon 2 Tage für die 12 Kilometer eingeplant, aber so wie wir vorankamen, hätten wir statt 12 ganze 84 Kilometer laufen müssen (4 mal hin, 3 mal zurück um das Gepäck zu holen). Dazu kam, dass der Weg mit dem Gepäck über die steilen Steigungen oder auch die Felsen so unfassabr anstregend war, dass wir selbst wenn wir gewollten hätten, nicht mehr als 3-4 Stunden am Tag hätten machen können. Es ergab einfach keinen Sinn und so kehrten wir um. Wir wollten uns dann am Lago del Desierto nochmal erkundigen, ob wir die Fahrräder mit der Fähre transportieren lassen könnten, jedoch war leider schon alles geschlossen und die nächste Fähre sollte am nächsten Tag um 16 Uhr gehen.
Aus diesem Grund fuhren wir immer noch im Regen knapp 2 Kilometer zurück und schlugen unser Zelt auf. Als wir endlich wieder halbwegs trocken im Zelt waren, waren wir zwar etwas enttäuscht, aber auch froh es zumindest versucht zu haben.
Der nächste Tag begann dann entspannt, da die Fähre eh erst um 16 Uhr fahren sollte. Wir fuhren dann gegen Mittag zur Fährstation und waren froh, als uns die Frau im Verkaufshäuschen erklärte, dass es möglich sei, nur die Fahrräder zu verschiffen. Einziges Problem war, dass eine Person auf der Fähre zwei Fahrräder mitnehmen durfte. Damit niemand von uns mitfahren musste, brauchten wir also noch jemanden, der unsere Fahrräder mitnimmt. Wir beschlossen einfach zu warten und die Leute zu fragen, die kamen und die Fähre nehmen wollten. Bereits nach einigen Minuten kamen dann zwei Französinnen auf dem Fahrrad, die wir schon zuvor in Tapi Aike auf dem Weg nach El Calafate getroffen hatten. Wir fragten die beiden direkt, ob sie unsere Räder mitnehmen könnten. Sie waren zuerst etwas skeptisch wegen all unserem Gepäck, stimmten jedoch zu und so kauften wir die Tickets. Anschließend konnten wir dann um 14 Uhr mit unserer Wanderung um den See starten. Für die 12 Kilometer soll man normalerweise 5-6 Stunden brauchen. Wir hatten dann jedoch ein schlechtes Gewissen wegen unseren schweren Fahrrädern und begannen deshalb mit einer kleinen Trailrunnig-Einlage. Der Wanderweg war wirklich anspruchsvoll, ziemlich oft überflutet und hatte einige ziemlich schwierige Flussdurchquerungen. Nichtsdestotrotz wollten wir gegen 16:45 Uhr auf der anderen Seite des Sees sein (2 3/4 stunden später), um beim Abladen zu helfen. Als wir kurz vor Ende die Fährstation schon im Blick hatten und uns eigentlich sicher waren, kurz vor der Fähre anzukommen, wurde es nochmal kritisch, da der Weg plötzlich aufhörte. Wir suchten uns dann unseren eigenen und kamen gerade so noch vor der Fähre an. Auf der Fähre waren dann nur die zwei Französinnen und ein Schwede, der ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs war und den wir auch schon getroffen hatten. Da er wusste, dass wir erst vor knapp 3 Stunden losgelaufen waren, war er völlig erstaunt, dass wir schon da waren. Ein Grenzbeamter erklärte uns dann noch, wo wir kostenlos das Zelt aufstellen konnten und dass wir am Dienstag dann ab 8 Uhr unseren Ausreisestempel abholen könnten. Auch wenn wir gerne mit den Fahrrädern den Weg gelaufen wäre, sind wir froh es nicht gemacht zu haben. Während wir dort lang gelaufen sind, haben wir natürlich immer dran gedacht, ob und wie es mit den Fahrrädern möglich gewesen wäre. Für uns mit unserem Gepäck definitiv nicht.
Pünktlich um kurz vor 8 standen wir dann auch fertig am Grenzhäuschen. Diesmal bekamen wir sogar einen Stempel, obwohl dies in Argentinien eigentlich abgeschafft wurde. Kurz darauf ging es dann los. Bereits nach 200 Metern stand die erste Flussdurchquerung an, bei der wir direkt einmal bis zu den Knien im Wasser standen. Direkt im Anschluss ging es dann einen schmalen, ziemlich steilen Trail hoch. Wir schoben unsere Fahrräder jeweils gemeinsam und wussten direkt, dass ein anstrengender Tag vor uns liegen würde. Nun kamen auch die beiden Französinnen und der Schwede von hinten. Die Französinnen hatten so leichte Fahrräder, dass sie diese nahezu mühelos an uns vorbeischoben. Der Schwede hingegen war auch schon ziemlich abgekämpft und somit halfen wir ihm beim Schieben seines Fahrrads. Genauso ging es dann auch weiter. Wir taten uns mit dem Schweden zusammen und schoben so nach und nach die drei Fahrräder den Berg hoch. Zwischendurch gab es auch immer mal kurze Passagen, die man alleine schieben konnte, aber den Großteil der Zeit schoben wir zu dritt jeweils ein Fahrrad. Hinzu kam, dass der Weg teilweise ziemlich schmal wurde, sodass man aufpassen musste, nicht mit den Taschen hängenzubleiben. Trotz aller Vorsicht verabschiedeten sich nach und nach die Netze von Yanniks Hinterradtasche. Bei Charlotte brach dann irgendwann die Plastikbefestigung der einen Hinterradtasche am Gepäckträger. Die Tasche rollte den Berg wieder runter, wurde dann aber zum Glück von einem Baumstamm aufgefangen. Das passende Ersatzteil hatten wir auch dabei und somit ging die Reparatur ziemlich schnell. Auf dem Weg nach oben gab es dann auch immer wieder Flussdurchquerungen, bei denen wir hofften, dass die Taschen auch wirklich 100% dicht sind. Glücklicherweise waren sie das auch und so waren wir froh, als wir nach 5 1/2 Stunden und 6 Kilometern endlich die eigentliche Grenze erreichten. Dort trafen wir dann auch die völlig fertigen Französinnen wieder, die gerade Pause machten. Nach einer kleinen Pause ging es dann auch für uns weiter. Die verbleibenden 15 Kilometer ging es auf einer Schotterstraße größtenteils bergab. Der Zustand der Straße war zwar miserabel aber wir waren einfach froh überhaupt eine fahrbare Straße zu haben. Unten angekommen am Lago O’Higgins, mussten wir dann erstmal eine Stunde bei der chilenischen Grenzstation warten, bis der Grenzbeamte uns endlich die Pässe wieder gab. Danach mussten wir noch knapp einen Kilometer weiter zu einem Campingplatz fahren. Auf diesem muss jeder, der diesen Grenzübergang wählt dann warten, bis das nächste Boot nach Villa O’Higgins kommt. Im Normalfall fährt dieses Montags und Donnerstags. Je nach Wetter ändert sich dies jedoch auch recht oft.
Für uns gab es dann wie geplant am Mittwoch aber einen Ruhetag. Wir konnten wiedermal ein bisschen entspannen, Tagebuch schreiben, das schöne Wetter genießen und mit einem 2 Monate alten, supersüßen Hundewelpen spielen. Gegen Abend teilte uns der Eigentümer der Estancia mit, dass das Boot nun nicht wie geplant um 11 Uhr, sondern schon um 7 Uhr kommen sollte. Wir gingen also früh schlafen und standen dann wieder um 4:45 Uhr auf. Nach dem Frühstück ging es dann runter zum Fähranleger, wo wir gemeinsam mit den anderen Radreisenden auf das Boot warteten. Wir warteten und warteten und um 7:30 Uhr kam dann endlich ein Boot. Leider war es allerdings das von der Gendameria (Grenzbeamten) und nicht unseres. Also warteten wir weiter und waren dann froh, als das Boot gegen 8:15 Uhr endlich eintraff. An Bord waren auch einige Fahrradfahrer, sodass es etwas dauerte, bis alles abgeladen war. Danach konnten wir unsere Fahrräder aufladen und dann ging es los. Nachdem wir den Hafen verlassen hatten, wurde es direkt ein bisschen wilder. Der See hatte auf einmal ziemlich hohe Wellen, die man in dem kleinen Boot (was für 16 Passagiere ausgelegt ist) ordentlich spürte. Wir wurden ganz schön durchgeschüttelt und es hatte eher etwas von Freizeitpark, als von einer “Fährfahrt”. Nachdem wir noch zwei Wanderer an einer Ecke des Sees abgeladen hatten, wurde es ruhiger, da wir in eine Art Kanal kamen, der uns bis nach O’Higgins führen sollte. So ruhig blieb es dann aber nicht. Der Wind wurde stärker und wir konnten uns denken, warum die Fahrt vorverlegt wurde. Die Wellen wurden immer höher und klatschten schon gegen die Fenster. Immer wieder krachten wir mit dem kleinen Boot voll in die Wellen. Am Anfang hat das sogar noch richtig Spaß gemacht, aber mittlerweile war es schon nicht mehr so lustig, vor allem weil wir gerade erst die Hälfte der Strecke geschafft hatten und der Fahrer immer wieder voll abbremsen musste, wenn zu große Wellen kamen. Zum Glück ging es dann aber auch nicht bis zum Ende so weiter, sondern wurde nach und nach ruhiger. Nach knapp über 2 Stunden waren wir dann da. Knapp 7 Kilometer südlich von Villa O’Higgins, am Ende der Carretera Austral. Diese begrüßte uns auch gleich standesgemäß mit Regen. Wir zogen also die Regenklamotten über und fuhren nach O’Higgins. Dort kauften wir noch schnell (ziemlich teuer) ein. Danach fuhren wir auf der Schotterstraße raus aus dem Ort. Es ging immer auf und ab und die steilen Rampen machten uns ziemlich zu schaffen. Bis zu unserem Tagesziel brauchten wir dann noch eine ganze Weile. Als wir dann aber die schöne neue Schutzhütte sahen, in der wir unser Zelt trocken aufstellen konnten, waren wir umso glücklicher.
Nachdem es die ganze Nacht durchgeregnet hatte, mussten wir uns am nächsten Morgen wieder in die nassen Klamotten zwingen. Nach 15 Kilometern machten wir dann die erste Pause an einer baugleichen Schutzhütte. Leider waren unsere Regensachen durch den Dauerregen auch schon ziemlich feucht und somit auch alles darunter. Dementsprechend wurde es ziemlich schnell kalt und wir überlegten sogar schon hier unser Zelt aufzubauen. Da es aber nur knapp 20 Kilometer bis zur nächsten Schutzhütte sein sollten, fuhren wir dann doch noch weiter. Im Regen zog sich jeder Kilometer nochmal extra, aber immerhin war es beim Fahren halbwegs warm. An der Schutzhütte angekommen stellten wir dann unser Zelt auf und aßen eine warme Suppe zum Mittag. Als wir gerade mit dem Kochen des Abendessens fertig waren, kamen dann noch die zwei Französinnen, die wir schon kannten. Sie waren an diesem Tag von O’Higgins bis hierher gefahren und fragten dann völlig fertig, ob sie auch da bleiben könnten. Wir machten natürlich etwas Platz und gingen anschließend schlafen.
Besseres Wetter und eine weitere Fährfahrt
Am Samstag, den 16.12. fuhren wir dann kurz vor den Französinnen los. Es ging erst einmal schön bergab, doch der nächste steile Anstieg folgte natürlich direkt. Wieder einmal war es so steil, dass man auf dem losen Schotter nicht mehr wirklich fahren konnte. Dementsprechend wurde geschoben, was aber bei über 60 kg schweren Rädern auch nicht so entspannt ist. Uns blieb aber ja nichts anderes übrig und so waren wir froh, als wir endlich oben waren. Danach gab es noch eine Abfahrt und dann ging es (vergleichsweise) flach bis nach Rio Bravo. Dort mussten wir dann 1 1/2 Stunden auf die Fähre nach Puerto Yungay warten. Wir kochten uns nochmal eine Suppe und genossen das schöne Wetter. Auch die Französinnen trafen wir wieder und dann ging es gemeinsam auf die Fähre. Diesmal auch wirklich eine normale Fähre, die dementsprechend aber auch etwas langsamer war. Gegen 13:45 Uhr kamen wir dann in Puerto Yungay an und verabschiedeten uns von den Französinnen, die dort bleiben wollten. Für uns sollte es noch ein knapp 10 Kilometer weitergehen. Leider jedoch wieder nur bergauf und zwar mal wieder ziemlich steil. Es ging von Meereshöhe bis auf knapp 360 Meter hoch. Trotz mehrerer kleiner Pausen, kamen wir schneller voran als gedacht. Der geplante Schlafplatz war dann jedoch leider nichts und so fuhren wir noch etwas weiter, bis wir an einer Brücke einen schönen Platz fanden.
Auch am Sonntag starteten wir wieder mit bestem Wetter. Die restliche Steigung des gestrigen Anstiegs ging schnell vorbei und es folgte eine schöne Abfahrt, die uns ins Tal des Rio Baker brachte. Dort fuhren wir dann wieder halbwegs flach durch den Wald und kamen gut voran. Wir freuten uns auf die Möglichkeit, bei einer Estancia Brot nachzukaufen. Als wir dort ankamen, fragten wir einen Mann und wurden enttäuscht. Brot gab es weder bei ihm, noch bei dem angrenzenden Laden (der geschlossen hatte) zu kaufen. Da wir fest mit diesem Brot geplant hatten und nun die verbleibenden knapp 100 Kilometer bis Cochrane ohne Brot auskommen mussten, war die Laune erstmal dahin. Die restlichen 25 Kilometer wurde es vor allem bei Yannik auch nicht wirklich besser und so waren wir froh, dass wir zumindest einen schönen Platz an einem Fluss zum Schlafen gefunden hatten.
Weiter ging es dann in Richtung Cochrane. Aufgrund der vielen Höhenmeter wollten wir eigentlich nur bis kurz vor die Stadt fahren. Da wir den Tag über aber erstaunlich gut voran kamen, entschieden wir uns dann doch bei bestem Wetter noch weiter zu fahren. Wir freuten uns auf frisches Brot und gönnten uns dann in einer Art Kantine ein Tagesmenü mit Hähnchen, Kartoffelbrei und Gemüse, sowie ein paar leckere Empanadas. Das ausgewiesene W-Lan gab es hingegen leider nicht und auch die Touristeninformation machte nicht wie beschrieben um 14:30 Uhr auf. Immerhin hatten wir aber sowohl vor, als auch nach der Stadt endlich mal wieder ein paar Meter Asphalt unter den Rädern. Wir fuhren noch knapp 3 Kilometer aus der Stadt raus und fanden dann einen schönen Platz am Fluss.
In unserem nächsten Beitrag erfahrt ihr dann, wie wir Weihnachten und Silvester an der Carretera Austral verbracht haben. Bis dahin, Charlotte und Yannik!
Das ist ja schon der Hammer.
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